Ein zweites Leben für den Game Boy

Ab und an macht man Dinge aus Langeweile, die man danach schnell wieder bereut. So ging es mir zunächst bei dieser eBay-Auktion: Angeboten wurde ein Game Boy DMG. Oder besser: sein kaputtes Innenleben.

Die Frontplatine, offenbar nach einem Reparaturversuch mit angeschmolzenem Displayrahmen und vielen Streifen auf selbigem. Die Hauptplatine mit dem Vermerk „der Ton spinnt und klingt extrem komisch“. Garniert mit dem Hinweis „weitere Defekte sind nicht auszuschließen“. Wer würde da nicht zuschlagen wollen?

Wer würde da nicht zuschlagen?

Komischerweise war ich dann auch der Einzige, der dafür 17,50 Euro ausgeben wollte und so erhielt ich den Zuschlag. Der Versand ging schnell und neugierig, wie es um meine kleine Investition bestellt war legte ich die Platinen direkt mal unter mein Qualitätsmikroskop. Dort fielen relativ zügig einige Dinge auf: an den Batteriepolen befand sich Yummi-Yummi von offenbar leicht inkontinenten Batterien. Halb so wild. Interessanter wurde es als ich diverse Leiterbahnen verfolgte. Dabei war deutlich sichtbar, dass hier Kräfte wirkten, die dort nicht hätten wirken sollen. An einer Stelle war eine Bahn gebrochen, an einigen anderen zumindest angesemmelt. Außerdem fand ich einen Kondensator, der nur noch mit einem Beinchen Bodenkontakt hatte – das ist vermutlich eher ungünstig.

Somit ging es neben der obligatorischen Reinigung zunächst dran, den defekten Kondensator zu tauschen und die Leiterbahn zu reparieren. Ersteres ging recht gut, Kondensatoren lassen sich im Set für den alten GameBoy für etwa 5 Euro im Netz bestellen. Zweiteres war etwas frickeliger, habe ich aber auch noch nie gemacht. Mein Ansatz sah dann so aus:

  1. Oberste Maskierung um die Bruchstelle vorsichtig abschleifen, sodass der Kupfer der Leiterbahn freiliegt
  2. Flußmittel auftragen (nicht zu viel!) und danach versuchen das freiliegende Kupfer mit Lot zu benetzen
  3. Wenn man hat passenden Brückungsdraht verwenden, ansonsten kann man sich auch einfach mit einer einzelnen Kupferader aus einem Stück Litze bedienen
  4. Optional: Es gibt Lötstopplack (geiler Name irgendwie, im englischen Solder Mask). Das ist eine fieß stinkende „Tinte“, welche man im Nachgang auf der Lötstelle auftragen kann und diese danach mit UV-Licht aushärten kann. Damit ist die geschützt und isoliert

Die Anschließende Funktionsprüfung zeigte: Erfolg! Der GameBoy startete und spielte Sound. Das mitgelieferte Display war wie angenommen aber leider nur noch Elektroschrott. Für rund 60 Euro habe ich mir darauf im Netz ein IPS-Display als Ersatz bestellt, zu finden unter „Q5 OSD Display Kit“. Zudem noch ein neues Gehäuse und Silikonunterlagen für die Tasten. Das neue Display hat natürlich den großen Vorteil, dass man anders als auf dem Originaldisplay auch etwas darauf erkennen kann. Insbesondere wenn die Augen älter werden und das Licht gedimmt ist.

Dem Display bei liegt eine komplette Austauschplatine für die Frontseite. Original an diesem GameBoy ist dann nach dem Mod tatsächlich nur noch die hintere, die Hauptplatine auf der CPU und co. sitzen. Angesteuert wird das neue Display dann noch durch ein zusätzliches PCB. Dieses wird auf einen durchsichtigen Träger gesetzt. Hier wird es ein bisschen Tricky: Das PCB hängt mit einem halbwegs soliden Datenkabel direkt am Display. Damit es im GameBoy nicht hin- und herspringt, wird es mit einem Klebestreifen auf dem durchsichtigen Träger befestigt. Dabei sollte man genau schauen, ob das Display auf der gegenüberliegenden Seite denn auch an der richtigen Position liegt. Klebt das kleine PCB einmal, kann man die Position des Displays nicht mehr ändern. Ich habe hier direkt mal verkackt, so saß das Display rechts zu hoch. Dadurch war es zum einen schräg und konnte so nicht ins Gehäuse eingesetzt werden.

Wenn ihr das gleiche Display-Kit kauft: Achtet auf den korrekten Sitz des Displays bevor ihr das PCB auf der Rückseite verklebt

Nach dem kleinen Malheur ging es dann aber direkt weiter: Dem IPS-Display Kit lag eine neue Scheibe bei. Da das Ersatzdisplay einen ticken größer als das Original ist, muss man vom Gehäuse einen Teil abtragen, möchte man durch die Scheibe an den Rändern nicht das Plastik vom Gehäuse hervorstehen sehen. Das Gehäuse zu bearbeiten hat mir wenig Spaß gemacht. Am besten ging es aber noch mit einem (scharfen!) Cutter-Messer. Bloß aufpassen, dass man sich nicht die Finger rasiert. Mit dem Messer sollte man halbwegs sauber arbeiten, allerdings ist es auch nicht so schlimm, wenn der Ausschnitt am Ende nicht ganz gerade ist. Ist mir auch passiert, wird aber ja von der aufgeklebten Scheibe nachher überdeckt.

Nun kann man alles mal verkabeln und provisorisch zusammensetzen um die Funktion zu testen. Achtet auch unbedingt auf die Soundausgabe beim Testen. In meinem Fall waren die Käbelchen zum Lautsprecher schon ziemlich spröde und sind beim fummeln einmal abgegangen. Das wäre ärgerlich, wenn man das überhört. Passt alles, kann man den Game Boy final zusammenbauen. Beim IPS-Display (zumindest meinem) ist der Drehregler für den Kontrast ziemlich fett. Deutlich fetter als das Original. Das hat zur Folge, dass auch hier am Gehäuse geschnitten werden muss. Das ist aber nur das kleinere Übel. Tatsächlich liegt der Drehregler (der auch ein Drucktaster ist) genau auf den frisch gesetzten Lötpunkten des getauschten Kondensators. Glücklicherweise sind mir die beiden Punkte ganz gut gelungen. Dennoch konnte ich den Regler nach dem ersten Zusammensetzten weder drehen geschweige denn drücken. Also musste ich nochmal alles aufschrauben.

Erster Start mit frisch verbautem IPS Display

Um „die Herausforderung“ zu lösen, habe ich versucht die kleinen Beinchen auf der Rückseite der Platine noch weiter zur kürzen, was mir auch gelang. Hier geht’s dann wirklich um halbe Millimeter oder weniger. Trotzdem bleibt es eng. Weiter beholfen habe ich mir damit, das Gehäuse am Ende zwar schon einigermaßen zuzuschrauben, aber die Schrauben nicht „anzuknallen“. Ich habe geschaut, dass ich keine großen Spalte habe und dann 2-3 Umdrehungen früher aufgehört, als ich es sonst getan hätte. Damit funktionierts dann. Der Taster ist halt nicht ganz unwichtig und sollte neben der Drehfunktion auch eben leichtgängig zu drücken sein, da damit das Display konfiguriert werden. So können unterschiedliche Farben gewählt und aber auch die Position des Bildes korrigiert werden. Das ist für eine richtige Zentrierung wichtig. Soll doch gut aussehen nach den ganzen Mühen.

Da steht er neben seinen zwei Geschwistern

Am Ende habe ich, auch aufgrund von bisschen temporärer Dummheit, so etwa 1 bis 1,5 Stunden am reinen Einbau des IPS-Display gesessen. Mit dem Ergebnis bin ich zufrieden. Das macht schon viel Laune so, wenn man sich um die Lichtverhältnisse beim Spielen keine Gedanken machen muss. Die Batterien werden mit dem neuen Display etwas schneller leer sein. In meinem Test zog der Game Boy mit IPS so circa 110 mAh, während mit leicht lädiertem LCD bei rund 45 mAh lag. Aber das war nur eine kurze Stichprobe und ist am Ende für den Komfortgewinn vermutlich auch zu verschmerzen.

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